1Gewalt tatst, arger Tod, du meinen Augen an,
Dass sie mein liebes Kind vorzeitig sterben sahn.
Ich sah, wie unreif noch die Frucht hinabgeglitten,
Und solches Unglück hat der Eltern Herz zerschnitten.
5Nie hätte zwar der Tod sie ohne großes Leid
Mir jemals fortgeführt, nie ohne Bitterkeit
Und schwere Herzenspein, selbst wenn in spätern Jahren
Sie mir zur Kümmernis wär aus der Welt entfahren;
Doch nimmer hätt ihr Tod mir so viel Leid gebracht,
10So große Qual in mir und Sehnsucht nie entfacht;
Denn sie (hätts Gott gewollt und ihr noch Frist gewähret)
Hätt meinen Augen wohl noch manchen Trost bescheret.
Inzwischen könnt ich doch mit meinem Leben schließen
Und auf der letzten Fahrt Persephone begrüßen
15Und hätt im Herzen nicht gefühlt so großes Wehe,
Dass ich auf dieser Welt nicht seines Gleichen sehe.
Nun fass ichs: Niobe, da sie den Tod gewahrte
Der lieben Kinderschar, dass sie zu Stein erstarrte.