1Des Unglücks willen und von Leid versehret.
Das bis ans Mark fast mir im Innern zehret,
Muss Laute ich und holden Reim verlassen,
Ja schier die Seele lassen.
5Leb ich? Hat mich ein falscher Traum betrogen,
Der durch das Knochenfenster kam geflogen
Und wie ein wach Gespenst den Sinn uns wirret
Und hier — und dorthin irret?
O Truggeist, Träumereien, wahnbefangen!
10Wie leicht ist’s doch mit der Vernunft zu prangen,
Wenn uns die Welt gehorcht und Schicksalstücken
Des Menschen Haupt nicht drücken.
Die Armut preisen wir — im Überflusse,
Den Kummer schätzen leicht wir — im Genusse,
15Und nichts ist uns der Tod, solang am Leben
Die geiz’gen Parzen weben.
Doch Not und Leid, wenn die auf uns einbrechen,
Ists nicht so leicht zu leben wie zu sprechen,
Und dann erst ist am Tode uns gelegen,
20Wenn er schon unterwegen.
Beredter Arpinate, mit Bedauern
Gehst du aus Rom. Warum? Nicht seine Mauern,
Die ganze Welt ist ja der Sitz der Weisen,
Wie du uns willst erweisen.
25Warum beweinst du so der Tochter Sterben?
Hälts du doch nur die Schande für Verderben,
Und alle andern Übel soll und Plagen
Man fast mit Freude tragen.
Der Tod, sagst du, sei Schrecken nur dem Bösen,
30Was flohst du ihn, an Tugenden erlesen,
Da deine Rede dich, die zornentfachte,
Ums Haupt beinahe brachte?
Du hast die andern, nicht dich selbst beraten,
Auch dir sind Worte leichter, scheints, als Taten,
35Du Engelsfeder, stark das Leid zu tragen,
Das ja auch mich geschlagen.
Es ist der Mensch nicht Stein, und wie die Karten
Fortuna stellt, so wird den Sinn uns arten
Das leid’ge Glück: die Seel es schlimmer spüret.
40Wenn wer die Wunden rühret.
Zeit, Mutter des Vergessens, so willkommen.
Was der Verstand nicht trifft und nicht die Frommen
Heil meinen Trübsinn, und die bittern Schmerzen
Verdräng aus meinem Herzen.